Ich zeig dir den Weg in dein Nirwana
Lesezeit: 6 min
Ich gebs zu, ich hab den Titel etwas aufgepeppt. Leiden und Loslassen: Lektion 1-4 klang so… dramatisch. Irgendwie nicht ganz so verlockend und so laaang. Dabei leiden die meisten von uns! Mache mehr, manche weniger, manche länger, manche kürzer. Also versuch mal, dir diese 6 Minuten zu nehmen. Ich versprech dir, dass du mit mindestens einer Erkenntnis gehen wirst!
Und wenn du das jetzt liest und absolut nichts dazugelernt hast oder total viel, dann schreib mir bitte in den Kommentaren oder unter hallo@josefinemaertin.de.
Lektion 1
Es wird immer Situationen geben, in denen wir uns nicht gut fühlen. Punkt. Erkenne dein Leiden würdevoll an. Verschaffe ihm Raum, hole es in dein Bewusstsein.
Vielleicht ist es dir nach den letzten zwei Sätzen aufgefallen. Ich bediene mich hier der Vier Edlen Wahrheiten des Buddhismus.
Also zurück zur Lektion. Der Anspruch war ja, dass du wirklich was mitnimmst🧐. Wie genau, kann das jetzt aussehen, das Leiden anerkennen? Ich geb dir mal das Bild eines Spiegels mit und du schaust, ob das passt:
Versetz dich in eine Situation, in der es dir nicht gut ging. Wähle dabei nicht unbedingt die schlimmste, die dir in den Sinn kommt, sondern pendel dich vielleicht auf dem Level, eingeklemmter Nerv, wichtiges Meeting kurz vor Feierabend, oder umgekippter Kaffee auf weißer Kleidung ein.
Und nun hältst du der Situation den Spiegel vor. Mit gestrafften Schultern. Ja, die Kleidung ist vermutlich ruiniert. Ja, du wirst nicht pünktlich mit deinen Lieben am Tisch sitzen und ja, du kannst dich nicht so bewegen, wie du es gern möchtest und hast körperliche Schmerzen. Das ist nicht cool. Das ist nicht fair. (Schultern nochmal straffen!) Du leidest. Du hast es dir anders vorgestellt.
Der Spiegel zeigt, was ist. Nicht mehr und nicht weniger.
Lektion 2
Lass uns die nächste Stufe erklimmen. Leiden ist also da. Manchmal mehr, manchmal weniger. Und Leiden ist nicht identisch mit Schmerz💡. Denn was wir in dem Spiegel sehen, ist “nur” der Schmerz. Und dieser Schmerz kann uns zum Handeln bewegen, oder er ist so heftig, dass wir ihn manchmal auch einfach hinnehmen müssen. So oder so – er kommt und geht. Leiden entsteht erst aus unserer Reaktion auf den Schmerz. Die zweite der Vier edlen Wahrheiten besagt, dass wir Leiden schaffen, wenn wir anhaften.
Also erst, wenn wir dieser Sache, um was auch immer es geht, hinterher sind, an sie denken, über sie sprechen, kontrollieren wollen, besitzen wollen, ihr anhaften, leiden wird. Demnach erschaffen wir unser Leid selbst… öhm… das klingt irgendwie verkehrt. Also verkehrt im Sinne von, dann müsste es also gar nicht sein… Was wiederum gut klingt. Du verstehst!? 😎
Es geht darum, loszulassen. Anzuerkennen, was hinter dem Leiden steckt, welche Ängste, welche Trauer, Verwirrung, Tadel, Rachsucht, Scham usw. und diese Ursachen loszulassen. Keine Frage, das ist ein Prozess und wir dürfen auf dieser zweiten Treppenstufe viel Zeit verbringen! Es kann darum gehen, die Dinge sein zu lassen, wie sie sind. Sie nicht vollständig aus der Erfahrung zu verabschieden, sondern sanft zu werden und es geschehen zu lassen. Körper und Geist können dieses Sanftwerden vielleicht mit Erleichterung wahrnehmen, sich entspannen. Achtsamkeit und Mitgefühl können wertvolle Helferinnen sein, Anhaftung aufzugeben und Heilung zu finden. Und die Erkenntnis, dass wir alle Formen von Anhaftung erleben, kann uns sogar noch helfen, mehr Verständnis und Mitgefühl anderen Menschen gegenüber aufzubringen.
Ich führe das mal am Beispiel des Kaffees auf der weißen Kleidung fort. Lass uns mal vorstellen, dass es auch noch um ein neues und sehr teures Kleidungsstück geht, dass du unbedingt und schon seit längerem haben wolltest. Und du sonst nie Kaffee verschüttest, aber genau heute. Obwohl es neu war und du aufpassen wolltest! Und eigentlich trinkst du auch gar keinen Kaffee. Und das Kleidungsstück wolltest du zu einem bestimmten Anlass anziehen, bei dem du schön und selbstsicher wirken wolltest. Du warst vielleicht sogar auf dem Weg dort hin und es hängt dir jetzt, Wochen später, immer noch nach, weil du in der Situation dann nicht so auftreten konntest, wie du wolltest und nicht erreicht hast, was du wolltest. Und so weiter und so fort. Merkst du, oder? Du kannst ja mal versuchen, die Anhaftungen aus dem letzten Absatz zu zählen und dir gleichzeitig vorstellen, wo man in diesem Beispiel genauso gut überall nicht anhaften könnte.
Lektion 3
Leiden kann ein Ende haben. Sagt der Buddha. Und wenn jetzt gleich das Wort Nirwana fällt, geht es dabei nicht um einen transzendenten Zustand, den ausschließlich dauerhaft praktizierende Yogis oder Mönche erreichen. Nirwana ist nämlich schon die Treppenstufe drei! 🥳
Der Zustand, in dem wir dem Schmerz zwar nicht aus dem Weg gehen können, aber seine Macht über uns brechen. “Wenn Gier, Hass und Unwissenheit aufgegeben werden, verursachen wir uns und anderen gegenüber kein Leid mehr. Dies ist Nirwana.” Sagt auch wieder Buddha. Das Nirwana hängt nicht von etwas anderem ab, sondern bezeichnet nur den freudvollen Frieden, der sich von selbst einstellt, wenn man nichts mehr anhaftet. Shunryu Szuki erklärt: “Wenn dir klar wird, dass alles im Wandel begriffen ist und du dich damit abfinden kannst, dann hast du das Nirwana erlangt.” Ja hey! Damit ist das Nirwana hier und jetzt! Und für das weise Herz leicht zu verstehen und zu erlangen.
Sieh mal ganz genau hin! Auch deine Tage sind voll von diesen Momenten der Ruhe, in denen du nicht anhaftest oder ablehnst. In denen du Leichtigkeit und Ganzheit erfährst. Diese Momente tragen dich und uns alle und wir sollten dankbar dafür sein.
Lektion 4
Das Loslassen aus Lektion 3 ist tatsächlich sowohl der Pfad, als auch das Ziel. Der edle achtfache Pfad bezeichnet die Praxis, die Anleitung und das Üben des Loslassens.
Fazit
Die weiße Kleidung, die nicht mehr so weiß ist, wie vorher, weil Kleidung schmutzig werden kann. Der Schmerz ausgehend vom einklemmten Nerv, weil Nerven sich eben einklemmen können. Oder das wichtige Meeting, das heute halt mal später stattfindet. All diese Situationen sind dem Wandel unterlegen. Und auf all diese Situationen lässt sich Einfluss nehmen! Denn es geht wie gesagt nicht darum, Dinge hinzunehmen und nichts an ihnen zu ändern. Es geht um die innere Haltung, um das Anerkennen des Wandels, um Sanftheit. Unsere Haltung ist ausschlaggebend für unser Leid. Hast du schon losgelassen, oder noch nicht? Wir können Dinge anpacken, wenn wir leiden oder wenn wir nicht leiden.
Und ein weiterer Vorteil erwächst aus dem Loslassen, aus dem Nicht-Leiden: Wenn wir selbst nämlich losgelassen haben, aber andere weiterhin leiden sehen, füllt sich unser Herz mit Mitleid. Wir nehmen das Leid um uns herum WIRKLICH wahr. Unser Herz kann sich öffnen und wir fühlen uns allen Dingen gleichermaßen verbunden. Ein wie ich finde wunderschöner Preis fürs Nicht-mehr-Anhaften und Nicht-mehr-Abneigen, den die Welt so sehr verdient hat und auch so dringend benötigt.
Lasst uns Herzen öffnen. Zunächst unsere und dann die der Menschen um uns herum.
Zum Abschluss
habe ich noch eine kleine Aufgabe für dich. Erstell dir mal eine Liste mit Dingen, die dich wieder in Balance bringen, die dich wieder mit dir verbinden. Die dich dein Leiden anerkennen lassen, oder dich sogar schon in dein Nirwana katapultieren. Weil du dich in Ruhe befindest, weil du klar in deinen Gedanken sein kannst. Häng dir die Liste an einen Spiegel, an deine Eingangstür, an deinen Kühlschrank, oder leg sie dir unter dein Kopfkissen, neben deine Yogamatte oder auf deinen Balkon. Zur Inspiration habe ich dir meine Liste als Video angehangen. Genieß es und vergiss nicht, du bist NICHT dein Leiden, dein Schmerz, deine Stimmung, dein Ärger, deine Traurigkeit usw. und es gibt sooo viele von uns. Und: es gibt einen Weg hinaus! 🤗 🧡